Samstag, 26. April 1986. Im Atomkraftwerk Tschernobyl ist ein Reaktorblock explodiert. Die Parteileitung wiegelt ab. Aber Valerij Kabysh, früher Schlagzeuger, inzwischen junger loyaler Parteifunktionär, beobachtet die Panik der Verantwortlichen und begreift, dass jede Sekunde zählt. Dies ist die Geschichte seiner missglückten Flucht. Zusammen mit seiner Geliebten und seinen Musikerfreunden versucht Valerij die Stadt zu verlassen. Aber das Leben lässt ihn nicht los. Es ist Samstag, die Menschen gehen spazieren, machen Einkäufe, feiern Hochzeiten; Kinder spielen im Freien. In diesem sorglosen Trubel bleibt jeder Versuch zu entkommen ohne Erfolg. Die Katastrophe spielt eine allgegenwärtige, aber unsichtbare Rolle in dieser Geschichte. Als wären da Handschellen, die nicht zu öffnen sind. Ein verlorener Pass, ein gebrochener Schuhabsatz, ein verpasster Zug. Eine Hochzeit, auf der zuende gespielt werden muss. Vera singt mit ihrer Band, die früher auch Valerijs Band war, und Valerij springt für den betrunkenen Drummer ein. Lebensgefahr? Tödliche Strahlung? Selbst als Valerijs Band weiß, was wirklich vor sich geht, feiern sie - noch einen Wodka, noch eine Flasche Wein! Für sie bleibt nur weiterzumachen und glücklich zu werden für den einen Moment. Es ist Samstag, die Sonne scheint und das Gras ist grün, noch grün. Es ist ein Samstag der Unschuld und die Menschen sind erbarmungslos ihrem Schicksal überlassen...
Regisseur Alexander Mindadze war bereits 1995 im Berlinale-Wettbewerb zu Gast, als Drehbuchautor des Gewinnerfilms 'Theaterstück für einen Fahrgast' (ausgezeichnet mit dem 'Silbernen Bären'). Mit dem Fokus auf das Innere und die Gefühle der Protagonisten im Augenblick der Apokalypse erzählt Alexander Mindadze ein ergreifendes Drama, das sich zu einem tragikomischen Tanz auf dem Vulkan entwickelt. Er wirft einen beklemmenden Blick auf menschliches Handeln angesichts einer unsichtbaren Gefahr. Der rumänische Kameramann Oleg Mutu ('Goldene Palme' in Cannes für '4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage') übernahm die Bildgestaltung des von jungen Nachwuchstalenten getragenen Films. In den Hauptrollen sind Anton Shagin und Svetlana Smirnova-Marcinkevich zu sehen. Alexander Mindadze über seinen Film: "Ich wollte schon lange eine 'filmische Metapher' über die Katastrophe von Tschernobyl drehen. Keinen Dokumentarfilm, keinen Blockbuster, keinen Film darüber, wer wann den falschen Knopf gedrückt hat. Mich hat vielmehr die Frage interessiert, warum Menschen, die von diesem Unglück wussten, nicht aus der Stadt geflüchtet sind. Vielleicht, weil diese Gefahr unsichtbar ist? Menschen, die ihr tägliches Einerlei unbeirrt und ohne zu hinterfragen leben und damit zufrieden sind, für die sind es die vielen kleinen Freuden des Alltags, die in solchen Momenten umso wertvoller werden. Wenn das Leben unrettbar verloren ist und sich dem Ende zuneigt, erblüht es zum Abschied noch ein letztes Mal. Genau so ist es in dem Film. Ein kleiner, unwichtiger Parteiausbilder erfährt durch Zufall, was in der Nacht passiert ist. Von der Angst angetrieben, greift er sich die Frau, die ihm das meiste auf der Welt bedeutet, und versucht mit ihr zu fliehen. Aber der Absatz ihres Schuhs bricht, bevor beide den Zug erreichen können. Und sie will natürlich sofort neue Schuhe haben. Also gut, aber nur die Schuhe und dann fliehen, so schnell es geht. Mit dem Auto, zu Fuß, egal wie, Hauptsache fliehen. OK, und jetzt nur noch ihren Pass bei den Musikern holen, der für eine Gitarre hinterlegt wurde. So trifft Valerij auf seine früheren Freunde, mit denen er viele Jahre in einer Band als Drummer gespielt hat. Da gibt es viel zu klären zwischen den alten Kumpels… Wer hat wen verraten, wer hat wen gerettet? Da ist Eifersucht – und Alkohol, den man kaum bekommen hat in diesen Jahren. Und so sitzt er am Ende buchstäblich mit ihnen allen in einem Boot auf dieser Reise ins Zentrum der Katastrophe, der er doch entkommen wollte. Als Anton Shagin das Drehbuch gelesen hatte, sagte er zu mir: 'Ich bin mir nicht sicher, ob ich es schaffe, mich in die Zeit von damals hineinzuversetzen. Da muss ich in mir besondere Knöpfe finden und drücken.' Diese Aussage hat mich motiviert. Anton ist ein großer russischer Schauspieler – ich weiß niemanden, mit dem ich ihn vergleichen könnte. Ich habe schon lange keinen Menschen mehr getroffen, der so talentiert ist. Valerij Kabysh, den Anton im Film spielt, kann das Leben nicht aufhalten, das Leben ist stärker als der Tod. Deswegen ist es eine lebensbejahende Geschichte, trotz der tragischen Umstände."
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